Monday, February 25, 2013

Auch Bildung braucht ein ordentliches Dach über dem Kopf!



Ich habe gerade einen online Artikel gelesen (http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/marode-uni-gebaeude-betreten-auf-eigene-gefahr-a-883392.html), der das meiner Meinung nach ultimative Dilemma meiner Studiengeneration beschreibt: Wir haben Studiengebühren bezahlt und wir haben mitbestimmen dürfen, wohin diese an unserer Universität eingesetzt werden. Es gab das ein oder andere Buch sowie Lehrassistenten und meistens verbesserte es erst für die Semester nach uns das Studienleben. Außerdem gab es bestimmte Vorgaben für die Verwendung, was bedeutete, dass man keine baulichen Maßnahmen beantragen konnte. Eigentlich absurd, denn fast jeder Seminarraum oder Vorlesungssaal ist unmenschlich marode. 

Es wurden intelligente Computer und farbige Drucker angeschafft. Tausende Bücher, die meistens durch das Internet hinfällig wurden. Wenigstens wurde manchmal die Lehre mit mehr Lehrkraft ausgestattet und endlich in Kleingruppen unter Anleitung gelernt. Aber lernt man gut, wenn man sich im Raum selbst nicht wohl fühlt? Als Mann vielleicht. Es gibt diese Studierenden, denen das Umfeld egal ist und allein die Faszination der Materie reicht, um zu lernen. Die meisten haben auch so lange Beine, dass es ihnen kaum auffällt, dass ein Klappstuhl schief unter ihnen hängt, denn ihre Knie an der vorderen Sitzreihe verhindern sowieso das Abrutschen per se. Mir ergeht es da anders. Ich komme so gerade eben auf den Boden der „Taträume“ und rutsche fast im Sekundentakt umher, sobald ein Stuhl auch nur wenig über 90° Neigung vorweist. Manchmal probiere ich sieben Holzklappstühle, bis ich einen finde, von dem ich nicht herunter rutsche. Das lenkt mich ab. Auch lenkt es mich ab, wenn meine Kleidung oder meine Haut von Holz durchbohrt werden, weil ich unfreiwillig herum rutsche. Auf einem Bein zu sitzen hilft manchmal, jedoch schläft dieses dann ein und ein paar Personen unter euch können sich vorstellen, dass das auf Dauer auch keine Lösung ist.

Ebenso ist es keine Dauerlösung, dass keine Mülleimer benutzbar sind, weil diese den Regen auffangen, der durch die Decke auf uns tropft. Selbst im chemischen Praktikum stehen diese Stolperfallen sobald es auch nur nieselt. Hilfreich ist diese relative Luftfeuchte nicht, wenn sogar Experimente im trockenen oder luftfreien Raum bestritten werden sollen. Bröckelnder Putz und Beton ist selbstredend auch keine Neuheit im Betonbunker – wenigstens wurde noch niemand von herabfallenden Stücken getroffen. Zugige Fenster und kaputte Lüftungssysteme führen zu jeder Jahreszeit dazu, dass ich mir immer eine Jacke mitnehme. Draußen sind manchmal 40°C im Baumschatten, aber drinnen brauche ich eine Jacke. Umgekehrt schäle ich mich wie eine Zwiebel, wenn im Winter draußen Minusgrade sind, drinnen aber der Seminarraum ein Terrarium im Hochsommer auf Hawaii nachahmt. 

Aber baulichen Maßnahmen durften nicht beantragt werden aus den Studiengebühren, die die Lehre verbessern sollten. Grundsätzlich verstehe ich, warum diese Einschränkungen für die Verwendung von Studiengebühren eingeführt worden ist. Nicht aber, warum nicht wenigstens ein kleiner prozentualer Anteil in das bauliche Geschehen einfließen dürfte. Neue Stühle und trockene Räume sind nötig, um eine gute Lernatmosphäre zu bauen. Der neueste Projektor hilft nicht, wenn man vor Regen nichts sieht und sich kaum auf dem Stuhl halten kann, oder? Und warum wird in letzter Zeit ein Parkhaus nach und nach abgerissen, weil es undicht und marode ist, nicht aber die Hörsäle? Ich rate, dass gewartet wird. Auf die Grundsanierung aller Gebäude, die fein geplant wurde. Leider sind wir jetzt schon im Verzug und bis diese Planung bei allen ankommt, sind wieder zwei bis drei Generationen a fünf Jahre Studium durch diesen Betonirrhafen gegangen. Es lohnt sich vielleicht wirklich nicht, diese Kleinigkeiten zu beheben – außer, wenn das Komitee für den Entscheid der Exzellenzinitiative kommt. Dann werden Flure vor jeder Begutachtung gestrichen und nötige Arbeiten erledigt. Mehr Schein als Sein, denn die Flure sind jedes Mal dieselben. 

Erst, als sie bei vielen Restbeträgen nicht mehr wussten, wo noch ein Tutorium stattfinden sollte oder wer noch ein Buch oder ein Gerät gebrauchen könnte, erst dann wurden damit Heizungskosten bezahlt. Klar, im Winter kann man nicht bei Minusgraden lernen – wohl aber anscheinend bei hoher Luftfeuchte und Splittern im Allerwertesten. Nicht unerwähnt sollte auch bleiben, dass wir unsere Zukunft mit Asbest und PCB vergiften – teilweise wird wenigstens saniert und gereinigt. Teilweise werden nur Warnaufkleber überstrichen. 

Ein neues System muss her. Nachhaltig. Die Politik hat nur bedingt verstanden, dass Investitionen in unsere Bildung auch eine Investition in die Zukunft des Landes ist. Sie fangen gerade an zu verstehen, dass Kindergarten und Kindertagesstätten wichtig sind, damit das Arbeitspotenzial von Mann und Frau ausgeschöpft werden kann. Also müssen die Universitäten das Problem selbst angreifen. Aber wie? Studiengebühren wieder einführen? Nein danke. Mehr Steuergelder verlangen? Sozial ungerecht. Abgaben von denen verlangen, die durch ihr Studium ein gutes Leben führen können? Warum nicht? Aber, wie genau? UniSol35 ist ein Vorschlag, über welchen ich eine Kolumne geschrieben habe (http://www.pflichtlektuere.com/08/02/2013/scheiszhausparolen-und-studiengebuehren/). Eine Abgabe für alle Absolventen, die mehr als 35.000€ brutto verdienen: 0,1% ihres Gehaltes soll als monatliche Abgabe für eine Laufzeit von 40 Jahren an die Fakultät gehen, die sie ausgebildet hat. Gerade weil die Hochausgebildeten gerne das Land verlassen, um woanders mehr zu verdienen, wäre es sozial gerecht, wenn dafür nicht der gemeine Steuerzahler aufkommen muss. Selbst wenn jemand 40 Jahre zahlt, so deckt das meistens nicht die Kosten der Ausbildung. Wohl aber stopft es das finanzielle Loch, welches gute Lehre  auf Dauer möglich macht.

Die USA, Großbritannien und andere verlangen schon seit Jahren horrende Summen für einen universitären Abschluss, was das Auditorium im Hörsaal leider vorselektiert. Australien hat gezeigt, dass es funktioniert: Alle die studieren wollen, können dies. Besonders interessant ist dies bei denjenigen, die beim Start ihres Studentendaseins noch nicht ihre Blüte erreicht haben. Bezahlt wird später. Gleiches wird in Deutschland schon an einer Privatuni in Witten erfolgreich praktiziert. Auch unsere Bildung darf etwas kosten und braucht ein gutes Zuhause, um unsere Zukunft mitzugestalten. 

Worauf warten wir noch?

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