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Oktober 1990 startete das medienpraktische Projekt
„InDOpendent“ für eine praxisnahe Ausbildung der Dortmunder
Journalistik-studenten. Jahrzehntelang hielt sich diese uniunabhängige
Campuszeitung und wurde zum Insidertipp selbst über die eigenen Campusgrenzen
hinaus. Schon im Gymnasium an der Grenze zu Dortmund hörte ich über viele Ecken
von diesem journalistischen Werk und las sie mit Begeisterung, wenn sie mir
zufällig in Dortmund in die Hände fiel. Damals habe ich noch nicht realisiert,
dass dies ein Großprojekt war, welches seinesgleichen noch zu finden hatte.
In meiner Bachelorzeit an der Ruhr Universität Bochum las
ich im Oktober 2008 einige Aushänge an den Aufzügen im medizinischen Gebäude.
Unter anderem gab es einen Zettel, der freiwillige Mitarbeiter für eine neue
Studieirerendenzeitung (inklusive dieses Tippfehlers) schreiben möchten. Als
Kontakt fand ich keine Uniadresse vor, also verband ich dies nicht mit
irgendeiner Hochschule. Nichtsdestotrotz ließ mich meine Neugier nicht los und
ich sehnte mich nach dem kreativen Schreiben an sich – schließlich hatte ich
aufgrund von Personalmangel auch die „Clara News“ mit wenigen Mittel gestemmt.
Wie meine Natur so ist, fiel ich direkt mit der Tür ins Haus und schlug vor,
dass ich eine Kolumne über den RUB Campus und mein dortiges Dasein für die
Studieirendenzeitung schreiben könnte.
Fünf Tage später hatte ich die Antwort: Die Leiterin
Lehrredaktion Print des Instituts für Journalistik schrieb, dass sie sich über
eine von mir angebotene Leseprobe freuen würde und dies auch in den Bochumer
Teil der neuen Zeitung einen Platz finden könnte. Ich musste schlucken. Ein so
unscheinbarer Zettel war also wirklich ein „Hand und Fuß Projekt“, bei der ich
sogar was erlernen könnte!? Grandios! Sofort machte ich mich ans Werk. Selbst
nach 10 Stunden Labor war es ein Leichtes, kreativ zu schreiben. Es war meine
ultimative Kompensation zu der trockenen Fachsprache. Und ich glaubte es kaum,
ab der zweiten Ausgabe 2008 war meine Kolumne im Print, später online. Auf dem
Bochumer Campus wollte der damalige Asta Zensurrechte erwirken und etliche
Auflagen sind leider nicht einmal bis zum Studierenden gelangt. Durch die
schnelle Initiative der Leiterin wurde sicherheitshalber direkt an der U35
Haltestelle eine Verteilung organisiert.
Warum ich nach Kolumne 26 die Reißleine gezogen habe?
Nun ja, das Wort Dilemma steht ja schon im Titel. Abgesehen
vom nötigen Relaunchprozess, damit die Anzeigenredaktion der WAZ „ihr Stiefkind
abnabeln kann“, gab es spätestens ein halbes Jahr nach Abschied der Leiterin
der ersten Stunde einige Ungereimtheiten. Es wurde fortschrittlich noch
multimedialer gedacht. Crossmedial. Alle Campusmedien sollten von allen
Journalismus Studierenden kennen gelernt werden, was in einen immensen
Organisationsakt resultiert ist. Leider bleibt dabei die Qualität des
eigentlichen Textproduktes auf der Strecke. Redigaturen und Themenauswahlen
hinken hinterher, weil die crossmediale Perfektion verdammt viel Zeit frisst.
Ein unfairer Vergleich ist der Naheliegende: „Die
inDOpendent war beliebter und viel besser“.
Warum war sie besser? Sie war etwas komplett Neues, etwas Spannendes
und noch nie da gewesenes. Vor allem waren die Texte bestens recherchiert,
runtergetippt und redigiert. Heutzutage sind der mediale Input sowie der
Campusinformationsfluss so groß geworden, dass Recherchen nur noch halbwegs in
die Tiefe kommen und selbst wenn ein Text zeitnah entstanden ist, so erscheint
er online manchmal zeitverzögert. Je nachdem, wer wann eben Zeit zur Redigatur
gefunden hat.
Ich vermisse das schlagfertige lokale und studentische an
sich. Es war einzigartig und wundervoll, hat hatte noch Leidenschaft und Herz.
Eine Reportage über die damals immer verspätete und orangefarbene S1 hatte noch
Herz. Und der mir bekannte „Pottstudierende“ braucht Herz. Die Sonderausgabe
„Fankultur“ hat den Pottnerv meiner Meinung nach getroffen. Selbst wenn dort
noch vier Seiten Werbung implementiert gewesen wären. Hoffentlich fällt dieser
Standard bei der nächsten Rotation der Studierenden nicht wieder. Angelernte
Schreiberlinge rutschen verständlicherweise in die nächste Phase und andere
neue Schreiberlinge dürfen dann die Redigatur erlernen. Ein eigentlich
wundervolles Praxisprojekt mit absehbaren Standardschwankungen.
Das Projekt an sich ist vorzeigewürdig, die Abläufe und die
Betreuungsbelastung aller Redigateure vielleicht sogar zu hoch. Oder sind
Studierende nichts mehr gewohnt? Es dauerte manchmal Monate, bis irgendeine
Emailantwort kommt und dann meistens mit der Entschuldigung, dass ja „viel los
sei“ – ganz ehrlich?
ES WIRD NICHT WENIGER!
Auch nicht für euch Redaktionsleiter, welche so gerade eben
mit der redaktionellen Kommunikation hinterher kommen. Bei Radio, TV, online
und Print ist halt viel abzudecken. Da war nicht einmal Zeit für eine kurze
Information der Leitung, dass die jahrelange Mitarbeit am Magazin nicht mehr
gewünscht wird, weil „die Kapazitäten“ von den eigentlichen
Journalistikstudierenden mehr als überlastet sind. Die komplette Kernredaktion
scheint schier überfordert zu sein.
Ob Leitung, Masterstudent, Bachelorstudent
oder Hilfskraft: Findet doch bitte innerhalb dieses Praxisprojektes die
Organisation, die euch am besten liegt. Die vor allem dem neuen Trend des
crossmedialen Journalismus gerecht wird. Diese Organisation und Arbeitsart
müsst ihr dann an diejenigen weiter geben, die nach euch kommen. Lasst sie das
Rad nicht neu erfinden, sobald ihr in den Olymp der Journalistik aufsteigt.
Dämmt das Systemdilemma ein. Das Produkt sollte euch mehr wert sein als eine „nötige
Pflichtveranstaltung“, wenn ihr Journalisten seid.